Hallo meine Lieben,
im letzten Gedankenarussell habe, ich euch erzählt welche gedanklichen Kämpfe, ich im Bezug auf den Blog in den letzten Monaten ausgefochten habe. Ebenfalls habe ich euch unseren Johnnyzilla – das Pubertätsmonster, vorgestellt.
Aber wie heißt es so schön? Es gibt immer Höhen und Tiefen.
Viele Höhen, haben wir mit Fünni in den letzten Monaten erleben dürfen. Er hat uns so manches Mal echt positiv überrascht und gerne möchte ich diesen Beitrag mit genau diesen Meilensteinen beginnen.
Meilensteine in der Entwicklung – wie unser frühkindlicher Autist grade allen zeigt, dass er viel mehr drauf hat, als Sie je erwartet haben
Wow, wo fange ich nur an… unser Fünni zeigt unserem Umfeld aktuell, dass man ihn niemals unterschätzen sollte. Ja, er braucht hier und da etwas länger, aber er holt grade in seiner Entwicklung massiv auf.
Wirklich massiv.
Der erste große Meilenstein war, dass er tagsüber keine Windeln mehr benötigt. „Fünni macht nun Pipi auf Klo“. Und das seit den Herbstferien mit nur zwei Unfällen. Er sammelt jetzt stolz Unterhosen mit Batman, Mickey Maus und Minecraft Motiven. Ehrlich, ich hätte am Liebsten ne Party geschmissen.
Sprachlich, holt er aktuell auch einiges auf und saugt neue Wörter geradezu wie ein Schwamm auf. Natürlich ist er weiterhin weit vom Sprachgebrauch eines fast 8-jährigen entfernt. Aber er spricht inzwischen nicht mehr so „gepresst“ sondern klar und deutlich. Wenn man ihn mal nicht auf anhieb versteht, gibt er nicht gleich auf, sondern wiederholt das Wort dann auch nochmal. Seine Frustrationstoleranz steigt in diesem Bereich also prozentual mit.
Zu einem wirklichen Gespräch, ist er noch nicht in der Lage, weil er nach wie vor sehr Bedürfnisorientiert spricht. Aber er nutzt jetzt auch Vergangenheitsformen richtig. Wo er sonst: „Er schlagt“ oder „Er schlagte“ sagte, sagt er jetzt „Er schlägt“ oder „Er hat geschlagen“. Für uns sind das bereits riesige Fortschritte mit denen wir erst in 1 oder 2 Jahren gerechnet hätten.
Auch Kognitiv versetzt er uns und die Lehrer grade in großes Staunen. Mit dem Lesen will es noch nicht so ganz klappen, aber Fünni kann bereits super addieren und subtrahieren. Von mir hat er das definitiv nicht, aber er hat Spaß an Mathe gefunden. Er freut sich richtig, wenn man ihm eine Matheaufgabe gibt und er sie lösen kann.
Nun sind die Lehrer seiner Klasse in der Schule für geistige Entwicklung bereits dazu übergegangen ihm abseits der Klasse einen eigenen Lehrplan zu erstellen damit er sich nicht wegen der Unterforderung anfängt zu langweilen. Natürlich wollen wir diesen Aufschwung nutzen und fördern. Angedacht ist daher nun ein Praktikum in der Autismusklasse der Förderschule für emotionale und soziale Entwicklung, die bereits der Große besucht hat. Dort würde Fünni im normalen Grundschullehrplan der zweiten (eventuell auch dort erstmal der ersten) Klasse unterrichtet werden. Wir sind so gespannt und hoffen dass dies nun bald in Gang kommt. Denn aktuell, könnte seine Schulbegleitung ihn noch dorthin begleiten und ihm mit den neuen Herausforderungen, der neuen Umgebung und den neuen Personen helfen. Jedoch geht dies nur noch bis Mai, dann wird unsere Schulbegleitung neue berufliche Wege einschlagen.
Diese Punkte allein, wären schon phänomenal, aber Fünni legt noch eins drauf.
Denn nicht nur in der Sauberkeitserziehung, seiner Sprachentwicklung und im Kognitiven Bereits hat er große Fortschritte gemacht, auch in seiner Alltagskompetenz. Wir benötigen viel seltener den Reha Buggy im Alltag. Während ich ihn vorher quasi ständig zum Selbstschutz und zur Reizreduzierung im Buggy schieben musste, hilft er jetzt aktiv beim Einkaufen. Klar, in den großen Supermärkten wie dem Globus oder dem Real, sitzt er immer noch im Buggy und spielt mit einem Handy oder der Switch um nicht von den ganzen Umgebungsreizen erschlagen zu werden. Aber in den kleineren Läden, wie dem Rewe, Aldi oder Lidl, möchte er jetzt lieber selbst laufen und mit einkaufen.
Er geht sogar an die Fleischtheke und kauft die Fleischwurst für seine Brotboxen. Total putzig: „Guten Tag, ich möchten Fleischwurst kaufen“. Seine Heilpädagogin in der Autismustherapie hat dies auch sofort aufgegriffen und geht nun auch mit ihm während der Therapie in Brühl einkaufen.
Ja, Fünni zeigt aktuell sehr deutlich, dass auch er als frühkindlicher Autist, durchaus in der Lage sein wird sich zu einem selbstständigen Erwachsenen zu entwickeln. Er braucht nur etwas länger als andere.
Die Schattenseite seiner Fortschritte und wie wir damit umgehen wollen
Dies war die eine Seite der Geschichte, und glaubt mir, wir sind wirklich stolz auf Fünni, und seine ganzen erreichten Meilensteine. Aber, da ist ja auch noch der Große. Unser Johnnyzilla. Und, beim schreiben des oberen Absatzes, fiel es mir quasi wie Schuppen von den Augen. Wir fragen uns seit Wochen was mit dem Großen los ist, warum er nicht mehr mit uns über seine Probleme redet. Warum er in der Schule aktuell abbaut und ob sein aggressives Verhalten wirklich nur der Pubertät geschuldet ist.
Aber ich frage mich grade, wie muss er sich wohl fühlen, wenn er sieht, welche Fortschritte sein kleiner Bruder grade macht. Welche Selbstzweifel empfindet er womöglich, wenn er entwicklungstechnisch, von seinem 5 Jahre jüngeren Bruder in den Schatten gestellt wird und dieser plötzlich tagsüber Windelfrei ist, es bei ihm aber noch nicht klappen will?
Ja, ich feiere die Meilensteine vom Kleinen, aber ich möchte meinen Großen dabei nicht aus den Augen verlieren.
Ich kann verstehen, dass wir als Eltern nicht mehr die erste Wahl beim Pubertier darstellen und er sich mit machen Problemen vielleicht lieber an jemand anderen als uns wenden möchte. Daher ist der aktuelle Plan, dass wir seine Autismustherapie ebenfalls wieder aufnehmen wollen.
Vielleicht hilft es ihm, jemand externen zu haben, mit dem er offen über seine Probleme reden kann, und vielleicht bekommt er weitere Möglichkeiten aufgezeigt um seinen Frust und seine Aggressionen abzubauen. Fakt ist einfach, dass wir an einem Punkt angekommen sind, wo wir uns eingestehen müssen, dass wir ohne Hilfe nicht weiterkommen.
Natürlich könnten wir ihm ständig irgendwelche Strafen aufdrücken, so wie wir früher z.B. Stubenarrest von unseren Eltern bekamen. Oder gleiches mit gleiches versuchen zu „bekämpfen“ und jedesmal wenn er was aus dem Süßigkeitenregal mopst, heimlich etwas von seinen Spielsachen aus seinem Zimmer entwenden… Aber ich denke, dass sind alles Dinge, die ehr noch zusätzlich Öl ins Feuer gießen würden und sich unser Großer vielleicht von uns ehr noch ausgegrenzt fühlen würde.
Ehrlich, ich kann doch schlecht zu ihm sagen: „Solch ein Verhalten ist Scheiße uns gegenüber“ und dann mit dem selben falschen Verhalten gegensteuern wollen, als wäre es bei ihm Kacke, aber wenn wir Eltern uns so Verhalten ist das völlig okay. Mit solchen Erziehungsmethoden will ich gar nicht erst Anfangen. Ich möchte mit meinen Kindern auch weiterhin auf Augenhöhe kommunizieren.
Ja, ich denke der Weg zurück zur Autismustherapie ist erstmal ein guter Anfang. Alles weitere wird sich zeigen.
Thor meint
WOOOOW!!! 🙂
Ich habe Eure Seite und Deinen Blog vor ein paar Wochen gefunden und bin super Happy, was ich über Fünni lese. Ich freue mich MEGA mit Euch!! Unsere Tochter, „Hanni“ ist auch ein Frü-Ki, 5 einhalb Jahre alt und es sind genau dieselben Themen bei uns, die Du ansprichst. Klo-Training funktioniert noch nicht, aber sie setzt sich gerne mal drauf. Sie spricht und singt gerne, aber undeutlich und meistens unverständlich. Aber mit ganz viel Spaß. In letzter Zeit verstehen wir manchmal, was Sie uns sagen will und sind die stolzesten Eltern der Welt, wenn das passiert. Feuchte Augen inklusive. :)))
Auch wir sind der Meinung, dass sie eine Menge mehr versteht und kann, aber es nicht auf herkömmliche Weise zeigt.
Wir beantragen gerade einen Reha-Buggy und hoffen sehr, dass er uns genehmigt wird. Auch hierfür nochmal Vielen Dank für Deine Vorlage und Hilfe bei dem Antrag, den wir bald einreichen werden.
Ich melde mich sehr gerne bald nochmal und werde eifrig Eurem Blog folgen.
Liebe Grüße und die allerbesten Wünsche und gaaaanz viel Energie
sendet Euch *Thor
influ meint
Hallo Thor,
Ich freue mich immer ungemein, von ebenfalls betroffenen zu lesen, denen ich mit unseren Geschichten zeigen kann, dass wir eben nicht alleine auf der Welt sind 🙂
Gebt eurer Maus, einfach die Zeit die sie braucht, und wie man bei Fünni sieht, es wird besser! Er lernt damit umzugehen und wird ein ebenso eigenständiger Mensch werden, wie wir es als Eltern auch geworden sind. Er braucht nur etwas länger.
Für den Rehabuggy drücke ich euch die Daumen, bitte berichte ob es auch bei euch so gut geklappt hat.
Liebe Grüße,
Bea